AW: Schwarze Quadrate sind keine Kunst
In meiner Studienzeit in Wuppertal lehrte dort Lew Kopelew als Gastprofessor, der Freund Heinrich Bölls, der aus der Sowjetunion wegen seiner politischen Einstellung auswandern musste. Er pflegte immer zu sagen: "Der größte Fehler ist zu meinen, dass Russland nicht zu Europa gehört." Die russische Kultur ist fester Bestandteil der europäischen Kultur und entsprechend gibt es einen kulturellen Transfer selbstverständlich in beiden Richtungen. Berühmtestes Beispiel ist wohl Dostojewski, der die westeuropäische Literatur, Kunst und Musik stark beeinflusste. Taras Bulba von Leos Janacek etwa wurde zwischen 1915 und 1918 komponiert und basiert auf einer Erzählung von Nicolai Gogol, seine Oper Aus einem Totenhaus basiert auf Dostojeweski. Und Marc Chagal ist erst 1922 nach Paris gekommen - vorher lebte er in Russland. Die Behauptung, dass die russische Kunst vor 1920 ein kompletter Import aus dem Westen sei ist natürlich evident falsch. Die russische Kultur hat eine starke Westorientierung seit Peter dem Großen, dass gehört zu ihr. Das so zu verstehen, als habe sie keine eigenständigen kulturellen Leistungen vollbracht, ist aber schlicht eine kapitale Fehlinterpretation. So gesehen wäre dann die deutsche Barockarchitektur auch epigonal, weil sie sich an Frankreich orientierte oder die Renaissance ein bloßer Abklatsch des antiken Rom und Griechenland.
Malevitchs "Schwarzes Quadrat" ist übrigens ein schönes Beispiel für kulturelle Vernetzung in Europa eben einschließlich und nicht ausschließlich Russland - denn es entspringt nicht zuletzt Malevitchs Auseinandersetzung mit der Philosophie von Schopenhauer.
Schöne Grüße
Holger
Zitat von longueval
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Malevitchs "Schwarzes Quadrat" ist übrigens ein schönes Beispiel für kulturelle Vernetzung in Europa eben einschließlich und nicht ausschließlich Russland - denn es entspringt nicht zuletzt Malevitchs Auseinandersetzung mit der Philosophie von Schopenhauer.
Schöne Grüße
Holger
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