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HiFi-Modell - minimal oder maximal?

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    HiFi-Modell - minimal oder maximal?

    HALLO an ALLE

    Ich möchte hier ein einfaches und für jedermann nachvollziehbares Modell entwerfen, anhand dessen man über die ewigen ungelösten Fragen der HiFi-Foren diskutieren kann. Es geht mir dabei darum, die von ALLEN verstandenen und anerkannten Grundsätze grob zu skizzieren, damit sich die Diskussionen evtl. mal NICHT NUR im Kreis drehen ..

    Betrachtet man HiFi - also das Geraffel womit man zu Hause Musik hören kann - so muß man sich vor Augen halten, daß es eine Reihe von Einflußmöglichkeiten außerhalb der gekauften Geräte gibt, die eine Empfindung des Hörers beeinflussen. Ich skizziere mal ganz grob die einzelnen "Stufen", die zu einem Hörerlebnis führen; vom Signal (dessen Herkunft hier mal nebensächlich sein soll, es wird als gegeben hingenommen) bis hin zur Empfindung, die der Hörer "erleidet" ;-) Und aus dieser Empfindung ergibt sich dann eine Beschreibung als austauschbare Information, die man sich in einem HiFi-Forum dann "um die Ohren" schlagen kann ..


    *** SIGNAL:
    auf einen Tonträger gelegte Information, die reproduzierbar wiedergegeben werden kann. Das ist die Quelle für HiFi, sie wird bei der Diskussion als unabänderlich und authentisch angenommen, also NICHT in Frage gestellt.


    *** HIFI:
    alle Gerätschaften, die benötigt werden, um das Signal zu lesen, zu verarbeiten, zu verstärken und schlußendlich in Schall (Luftbewegung im Hörraum) zu wandeln. Zu HiFi gehören damit auch alle externen Resourcen wie beispielsweise die Stromversorgung und Umgebungsparameter (Temperatur und Luftbewegung, Radiowellen oder Elektrosmog), die Einfluß auf die elektronischen Gerätschaften nehmen. HiFi ist der Wandler für das Signal, der aus diesem den Schall erzeugt und in den Raum "stellt".


    *** RAUM:
    alles was nach HiFi Einfluß auf den Schall nimmt, der am Hörer ankommt; dazu gehören unter anderem positions- und dimensionsabhängige Raummoden (selektive Frequenz-Auslöschung oder -Verstärkung am Hörplatz), (frühe) Reflektionen durch alle schallharten Flächen, raumakustische Maßnahmen wie Absorber und Baßfallen, Bedämpfung versus Hall, (mit-)schwingende Gegenstände und Hindernisse für die Schallausbreitung vom HiFi(-Wandler) zum Hörer.


    *** REIZ:
    hierunter versteht man den Schall am Hörplatz, das was die Ohren und den Körper des Hörers erreicht. Im allgemeinen kann man das als Letztes, einigermaßen objektiv bestimmbares oder messbares Ereignis auffassen; denn es ist unbestritten, daß jeder Hörer - also jeweils ein menschliches Individuum - auf gleiche Reize unterschiedlich reagiert.


    *** HÖRER:
    darunter versteht man die Person, die am Hörplatz vom Schall erreicht wird - die den Reiz erhält. Dazu gehört die genaue Position des Hörers im Raum, sein Bewegungszustand ud alle sonstigen physischen Eigenarten seines Körpers (Kopfform, Ohrmuscheln, etc.), die den Reiz an das sensorische System des Hörers zur Verarbeitung weiterreichen. Diese Person wird durch immanente, also in ihr selber liegende, Eigenarten eine bewußte und unbewußte Verarbeitung des Reizes durchführen; diesen Prozess kann man einfach Wahrnehmung nennen.


    *** WAHRNEHMUNG:
    Die Wahrnehmung eines jeden Hörers ist nur sehr bedingt und indirekt objektivierbar, sie ist nicht direkt messbar oder zu verifizieren, auf keinen Fall in ihrer gesamten Ausprägung. Dazu kommt erschwerend, daß der Hörer in hohem Maße inkonsistent ist - ein und die selbe Person kann in wenigen Sekunden oder nach einiger Zeit durch ihre Stimmung und Gemütslage oder durch äußere, anderweitige Ablenkungen und Reize, ihre Wahrnehmung grundlegend verändern - auch diese Prozesse sind in sehr hohem Maße nicht vorhersehbar, individuell sehr unterschiedlich und entziehen sich einer objektivierten Bestimmung. Am Ende der Wahrnehmung steht eine Empfindung, die ausschließlich dem Hörer selber zugänglich ist.
    Während die Wahrnehmung schon höchst subjektiv ausfällt, ist die Empfindung gänzlich unbestimmbar und ausschließlich für die Person selber "greifbar", sie entzieht sich vollkommen einer Beurteilung von außerhalb der Person. Messbar sind teilweise Erregungszustände und äußere Anzeichen derselben, eine Interpretation muß aber die Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit in Betracht ziehen.


    *** BESCHREIBUNG:
    das ist das, was der Hörer von seiner Wahrnehmung berichtet, was er wiedergeben und weitergeben kann, in mündlicher oder schriftlicher Form. Eine Beschreibung dieser Empfindung unterliegt dann nochmals den sprachlichen Fähigkeiten und immanenten Erinnerungen, Vorstellungen und Zielen der Persönlichkeit - ganz grob gesagt kann man die Empfindung nur äußerst lückenhaft und grob beschreiben.


    Wenn man diese Kette betrachtet, dann fällt zum einen der recht lange und nicht mehr ganz einfach gestrickte Weg auf, obwohl wir es hier mit einem stark vereinfachten Modell zu tun haben:


    Signal -> HiFi -> Raum -> Reiz -> Hörer -> Wahrnehmung -> Beschreibung


    Wenn wir über HiFi diskutieren, können wir aber keine der oben genannten "Stufen" außer Acht lassen, wollen wir durch die Diskussion und den Austausch verwertbare Erkenntnis sammeln; denn wir können uns nur über Beschreibungen austauschen.
    Man kann leider nicht davon ausgehen, daß die Empfindung von einem Hörer (Beischreibung: "das klingt aber hell") mit der eines anderen Hörers korreliert, obwohl der die gleichen Worte zur Beschreibung benutzt. Ebenfalls ist es denkbar, daß zwei unterschiedliche Beschreibungen ("sehr detailliert" versus "klar und prägnant") von einer sehr ähnlichen, vergleichbaren Empfindung ausgelöst werden.


    Jetzt ergeben sich aus dieser Situation zwei unterschiedliche Strategien, über HiFi zu denken, zu reden und zu diskutieren:


    ** MINIMAL: **
    Um der drohenden Vermischung von subjektiven Empfindungen und objektivierbaren Daten zu entgehen, kann man sich alleine auf technische Parameter - die messbar und nachweislich reproduzierbar erscheinen - beschränken. Das hat in der Beurteilung und Entwicklung von HiFi-Gerätschaften einen großen Stellenwert.
    Eine Ausprägung dieser Strategie kann dann die Folgerung sein, daß ALLES, was nicht objektivierbar und nachweislich messbar - bis maximal hin zum Reiz erkennbar scheint und reproduzierbar ist - wohl nicht zu einer Wahrnehmung/Empfindung führen kann.


    ** MAXIMAL: **
    Der andere Ansatz folgt aus der empirischen Erfahrung, daß auch offensichtlich fehlerhafte Reize zu einer gleichartigen Empfindung führen können. Wenn also objektiv gesehen verfremdete und in erheblichem Maß gestörte Reize einen hohen Wiedererkennungseffekt für die Hörempfindung haben, muß die Wahrnehmung des Hörers über probate und äußerst leistungsfähige Mechanismen verfügen, aus den Reizen das heraus zu filtern, was wesentlich für das Signal erscheint.
    Dabei wird angenommen, daß neben den objektivierbaren, bekannten Parametern noch ungeahnte, unerkannte und unbekannte Elemente im Reiz versteckt liegen, die die eigene Erfahrung auf dem Weg zur Empfindung nutzt.

    Mich würde jetzt interessieren, ob ihr ALLE dieser Darstellung folgen könnt, ob ich das einigermaßen wertneutral und widerspruchsfrei darstellen konnte, und ob man dieses Modell sowie diese Strategien - ungeachtet der eigenen Präferenz - als grundsätzlich in sich stimmig ansehen kann.

    Ich freue mich auf eine sachliche Diskussion .. bin gerne bereit, eure Anregung und Ergänzung, aber auch Korrektur und Differenzierung hier einzuarbeiten.
    Gruß Thorsten
    Zuletzt geändert von Gast; 15.06.2010, 11:44. Grund: optisch aufgepeppt

    #2
    Grundsätzlich einmal ist das eine sehr schöne Zusammenfassung.

    :F

    (nur "HIFI" hätte ich anders bezeichnet - vielleicht "Wiedergabeanlage" oder "Audiokette" oder neumodisch "Hardware")
    Gruß
    David


    WEBSEITE HiFiAKTIV: Klick mich
    Einen "Audio-Laien" erkennt man daran, dass er sich viel mehr mit Audiokomponenten beschäftigt als mit Raumakustik, LS-Aufstellung und Hörplatzwahl.
    Auch Personen, die noch wenig Wissen auf diesem Gebiet haben, oder solche, die Rat und Hinweise von Erfahrenen suchen, sind hier richtig.
    Meine Auffassung von seriösen Vergleichstests: Klick mich - Die bisherigen Testergebnisse: Klick mich - Private Anlage: Klick mich - Wann gefällt mir ein Musikstück? - Klick mich
    Grundsätzlich: Behauptungen die mir bedenklich erscheinen, glaube ich nur, wenn sie messtechnisch nachvollziehbar sind und wenn sie mir in Form eines verblindeten Vergleichs bewiesen werden konnten.
    Eine Bitte an Alle: nicht ganze (noch dazu große) Beiträge zitieren und darunter einen kurzen Kommentar schreiben! Besser (beispielsweise): "Volle Zustimmung zu Beitrag 37".
    Wichtig: zumindest versuchen, beim Thema bleiben!

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      #3
      Habe es noch einmal gelesen und möchte hier noch nachhaken:

      Dabei wird angenommen, daß neben den objektivierbaren, bekannten Parametern noch ungeahnte, unerkannte und unbekannte Elemente im Reiz versteckt liegen, die die eigene Erfahrung auf dem Weg zur Empfindung nutzt.
      .....ein und die selbe Person kann in wenigen Sekunden oder nach einiger Zeit durch ihre Stimmung und Gemütslage oder durch äußere, anderweitige Ablenkungen und Reize, ihre Wahrnehmung grundlegend verändern.....
      Diesen Einfluss halte ich in vielen Fällen als den eigentlichen Grund für "klingt gut/klingt schlecht".

      Zum Musik genießen (und Musik genießen können) gehört die richtige Einstellung. Die Anlage oder Wiedergabequalität spielt dabei eine sehr untergeordnete Rolle.


      Für zwei schwer Verliebte (womöglich noch unter leichtem Alkoholeinfluss), die im Freien in einer lauwarmen Sternennacht eng umschlungen zu einem "Kniereiberl" tanzen, genügt ein Ghettoblaster und sie werden die Englein singen hören.

      Wer will, kann das jetzt umdrehen......:D......dann haben wir das Gegenteil davon.
      Gruß
      David


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        #4
        Hallo!

        Ja kann ich soweit folgen!

        Und nur ein Teil (und da auch wiederum nur Teile davon) ist das wo oft diskutiert wird, bzw. dem in 90% aller Fälle der Unterschied zugesprochen wird.

        mfg

        Kommentar


          #5
          Hallo David,
          hallo schauki,
          danke für eure Rückmeldung. Ich nehme mal kurz Stellung:

          @David:
          Ich stimme dir zu, daß für den genuß von Musik - also auch bei der Wiedergabe über HiFi - die Gemütslage des Hörers i.d.R. wichtiger ist, als die Qualität von HiFi (allgemein).
          Aber rechtfertigt das den Hinweis, daß die Qualität der HiFi-Anlage nebensächlich ist?

          @schauki:
          Dein Einwand ist schwerwiegend; wenn ein audiophiler Zeitgenosse einen erheblichen Teil der Kosten in ein Verbindungselement für seine HiFi-Anlage investiert, daß mit herkömmlicher Messtechnik nur verschwindend geringe Unterschiede im Klang zeitigt, dann darf man die Sinnfrage mit einem großen Fragezeichen versehen. So weit stimme ich mit dir überein.

          Einen Unterschied sehe ich allerdings in der qualitativen Bewertung, die von der technischen, linearen Annahme (1% messtechnischer Unterschied wiegt schwerer als 0,1% messtechnische Unterschied) auf Seiten der HiFi-Anlage unkritisch auf die Seite der Wahrnehmung übernommen wird. Empirische Erfahrung zeigt hier für mich persönlich, daß 10% auf technischer Seite manchmal NULL Unterschied auf Seite der Wahrnehmung ausmachen; andererseits machen manche 0,1% technischer Unterschiede für mich einen sehr großen Unterschied in der Wahrnehmung.

          Ich schreibe ja schon seit Jahr und Tag: die Korrelation der technischen Parameter, also das objektivierbare Musikreproduktionsverfahren, korreliert eben nicht mit der empfindenden und wahrnehmenden Seite des Hörers -jene Seite ist aber für mich die wesentlich gewichtigere Seite. Wenn sich also der audiophile Zeitgenosse besser damit fühlt, 1000 Euro in ein Stück Kupfer zu versenken anstatt dafür nach Mallorca zu fliegen, dann ist das nicht nur legitim, sondern es ist eine für diese Person zielgerichtete und konsequente Investition. Das Argument, es würde an der Technik nur 0,01% verändern, ist für den empfindenden audiophilen Zeitgenossen dabei nämlich vollkommen unerheblich.

          Genauso legitim ist natürlich auch die Entscheidung eines Technikers, statt sündhaft teurem Spezial-Bauteil ein ganz grundsolides Massenbauteil so zu verdrahten, daß die Kosten gesenkt und der Genuß gesteigert wird. Es gibt in meinen Augen keinen Zwang zur "Audiophilie", es darf aber eben auch keine Tabuisierung geschehen. Für sich genommen, existieren beide SIchtweisen vollkommen gleichberechtigt nebeneinander.
          Gruß Thorsten

          Kommentar


            #6
            @Thorsten
            Deine Liste entstand ja aus der Frage:
            "Wie kann ich mir überhaupt sicher sein dass der Schall die unterschiedliche Empfindung auslöst?"

            Dabei gehts ja noch lange nicht um messtechnische Unterschiede, bzw. wie groß die ausfallen und wie die dann wirken.

            JEDER deiner Punkte ist ein Baustein unserer Empfindung.

            JEDER deiner Punkte der sich von einmal Hören zum anderen verändert, ist eine "Unbekannte".
            Im Endeffekt ist das auch der Punkt "Raum", denn wer weiß denn wieviel 0,000x°C sind die sich ändern müssen damit wir was unterschiedliches Empfinden...

            Was sich definitiv nicht ändert ist die Quelle, also der Tonträger, sofern es ein verschleißfreies Medium ist.


            Wir wissen allerdings so aus der Wisschaft und Forschung teils auch aus dem normalen Leben, wie sehr wir in unserer (Punkt) Wahrnehmung leicht zu täuschen sind, bzw. wie leicht wir beeinflussbar sind usw...
            Also die Wahrnehmung als solche für viele komplexe Fragen ein nicht verlässliches Ergebnis ausspuckt.
            Vor allem dann wenn es sich um Dinge handelt die wir nicht kennen, bzw. unser "Vorstellungsvermögen" sprengen.


            Wie gesagt, es wird ja nicht seriös getestet, aber die Indizien sprechen in vieeelen Fällen dafür, dass NICHT der Punkt Hifi für die Unterschiede verantwortlich ist.
            Daher ist es für mich wirklich unverständlich, dass genau dieser Punkt in 99% der Fälle für die Unterschiede verantworltich gemacht wird.

            Ich würde es verstehen wenn die Wahrnehmung dafür herhalten muss, weil eben die Indizien stark dafür sprechen, aber ohne seriösen Test wäre auch das erst mal nur Spekulation.

            mfg

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              #7
              Hallo schauki,
              ja, die Liste oder dieses Modell entsprang der Fragestellung, wie wir überprüfen können, ob unsere Empfindung durch Änderungen bei HiFi oder durch irgendwelche anderen Umstände ausgelöst werden können. Ich kann dir zum jetzigen zeitpunkt keine andere Antwort geben, als: "ich weiß es nicht" und auch "ich kenne keinen Test, der das zuverlässig ergründet".

              Aber ich kann von meiner Seite auf einen Sachverhalt hinweisen, dem in der Argumentation zu oft keine Beachtung geschenkt wird. Wahrnehmung ist selektiv - sie ist nicht "verändernd" oder "verfälschend", sondern "auswählend".
              Wir wissen alle, daß des Menschen Sensoren nicht "technisch" zuverlässig arbeiten, die wenigsten Menschen (außer mir) sind zuverlässig in der Lage, die Raum- oder Außentemperatur in Grad Celsius abzuschätzen. Unsere Empfindung wird dabei auch noch von vielen sekundären Parametern beeinflußt - bin ich etwa verliebt auf dem Weg zu meiner Freundin, dann werde ich kaltes, regnerisches und ungemütliches Wetter anders empfinden, als in der Situation, wo ich gezwungen bin etwas mir sehr Unangenehmes zu verrichten ..
              ich halte trotzdem die Schlußfolgerung, der menschlichen Sensorik würden dauernd "Fehler" unterlaufen, für vollkommen abwegig; die Wahrnehmung fokussiert sich auf das, was für den Menschen in dem Moment besonders wertvoll erscheint - sie läßt Unwesentliches dann gerne im Unbewußten schlummern. Das heißt aber überhaupt nicht, daß jene "schlechten" Wetterbedingungen nicht erfaßt würden - sie sind für den Verliebten nur vollkommen nebensächlich; jedenfalls solange seine Gesundheit und sein Leben nicht in Gefahr sind.

              Wenn unsere Wahrnehmung also nicht unbestechlich arbeitet, so kann man ihr trotzdem kaum unterstellen, sie wäre "manipulativ". Ich persönlich bin der Überzeugung, daß wir in unserer Sensorik erheblich feiner unterwegs sind, als die meisten Menschen annehmen - uns fehlt allerdings der bewußte Zugang zur qualitativen Information; zur quantitativen fehlt er uns fast vollständig (ganz im Gegensatz zu den digitalen geräten, die zwei Stellen hinter dem Komma anzeigen, während sie selber auf maximal eine halbe Einheit genau sind).
              Die Frage, ob die "Änderung" in der Wahrnehmung also das Qualittsbewußtsein auf technischer Ebene überflüssig macht, kann man also sehr unterschiedlich beantworten.
              Gruß Thorsten

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                #8
                Zitat von matadoerle Beitrag anzeigen
                die Korrelation der technischen Parameter, also das objektivierbare Musikreproduktionsverfahren, korreliert eben nicht mit der empfindenden und wahrnehmenden Seite des Hörers

                ich würde da sogar noch weiter gehen. Interessanterweise werden nicht selten technisch unterlegene Lösungen als der emotional befriedigendere Weg der Musikreproduktion empfunden. Das gilt zum Beispiel für Eintakt-Röhren (was ich gut nachvollziehen kann), oder (was ich weniger nachvollziehen kann) für Breitband (single driver)-Lautsprecher.

                lg
                reno

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                  #9
                  @Thorsten

                  Ich kann alle deine Punkte nachvollziehen und stimme mit ihen auch zu 99,99% überein.

                  Und weil ich das tue, bzw. weil das ja eigentlich eh für uns alle ziemlich klar ist, verstehe ich erst recht nicht - wieso man dem Punkt Hifi alles anlastet.

                  Die übliche Vorgehensweise ist nun mal so:
                  - Hifi Komponenten wechseln
                  - im Bewusstsein des Wechsels hören
                  - Beschreibung der Empfindung

                  Und immer ist die Komponenten an etwaigen Unterschieden "schuld".
                  Warum wird nie gesagt:
                  "Meine Verfassung war beim Hören der Komponenten besser, daher habe ich das besser gefunden",
                  "der Raum hatte um 0,2°C mehr, daher habe ich das entspannter empfunden",
                  "während des Hörens der 2ten Komponenten ist mir eingefallen, dass ich noch das Finazamt zahlen darf, daher habe ich die Komponente als schlecht empfunden"

                  Sowas liest man doch nie, ist aber min. genauso wahrscheinlich als der veränderter Schall durch die Komponente.

                  mfg

                  Kommentar


                    #10
                    Ich stimme schauki zu 99,999(!)% zu :D

                    Das Modell ist super, da es die perfekte Argumentationsgrundlage bildet. Für sinnvolle voodoominimierte Ansichten. Danke Thorsten!



                    lg

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                      #11
                      Auch ich sehe es so, daß in diesem Modell noch weniger Platz für Klangeinflüsse durch die Elektronik bleibt. (Logisch: Je mehr Faktoren beteiligt sind, desto unwichtiger wird relativ gesehen jeder einzelne.) Betrachtet man die Paarung aus Elektronik und Lautsprechern, so beeinflußt diese das Musikerlebnis im Verhältnis von (ich will einmal großzügig sein) 20:80. In matadoerles Kette ist das aber nur der unter HIFI zusammengefaßte Teil, der sich jetzt den Kuchen mit solchen Schwergewichten wie SIGNAL, RAUM und WAHRNEHMUNG teilen muß.

                      Meine eigene Erfahrung sagt mir, daß z.B. die WAHRNEHMUNG enorm wichtig für das Klangerlebnis ist und dabei extrem von der Tagesverfassung abhängt - unter ansonsten vollkommen gleichbleibenden Bedingungen kann diese die Qualität des Musikerlebnisses zwischen "himmelstürmend" und "untermittelprächtig" schwanken lassen.

                      Die wichtigsten Faktoren in matadoerles Kette sind zweifellos SIGNAL, RAUM und WAHRNEHMUNG. Für HIFI bleiben da meiner Schätzung nach gerade noch ein paar Prozent übrig, von denen wiederum vier Fünftel auf die Lautsprecher entfallen. Die Elektronik ist tatsächlich also so ziemlich das Letzte, woran es sich zu drehen lohnt.

                      Kommentar


                        #12
                        Hallo schauki, hallo ken,
                        freut mich daß ich wohl nicht allzuviel grundsätzlich falsch verstanden habe ..

                        Ich kann mir zwei Punkte vorstellen, die einige Fragen dennoch erhellen könnten.

                        Zum ersten fragt schauki, warum eine wahrgenommene Klangänderung immer "der Anlage, dem Kabel, .." zugeordnet wird - aber ist das wirklich so? enn wir die Anlage nicht verändern, aber uns ein Stück nicht mehr gefällt, dann schieben wir das wohl auf unsere Laune oder Befinden. Ich gehe mal davon aus, daß die meisten Hörer durchaus in der Lage sind, die Bandbreite an Empfindung, die ein Reiz auslöst, innerhalb üblicher Rahmen abstecken zu können; wenn dann ein Aspekt der Empfindung eine Änderung erfährt, die mit einer Änderung der Anlage einhergeht, dann liegt die Zuordnung doch ziemlich nahe, oder?

                        Zum zweiten möchte ich darauf hinweisen, daß mir die Diskussion um "von allen akzeptierte" Klangeindrücke häufig zu eindimensional ist. Das erinnert mich daran, daß wir mit unseren Augen unterschiedliche Farben sehen und auch mit RAL vergleichen können - dabei beschränken wir uns aber alleine auf die Farbe und vernachlässigen sträflich die Textur, Struktur und das für die Optik mindestens ebenso wichtige Finish.
                        Nehme ich einmal an, daß wir uns über die Bedeutung von Klangfarbe einig sind, wir also in der Tonalität einer Anlage ein Qualitätsmerkmal sehen. Dann ist es nachvollziehbar und beispielsweise bei einer Diskussion von David und mir vollkommen unstrittig, daß eine Kabelverbindung die Klangfarbe NICHT wesentlich ändert. Ich könnte mich sogar noch dazu durchringen zu sagen, daß Kabel die Farbe nicht ändern.
                        Aber ich habe eine vollkommen konträre Auffassung zu David, was denn die Bedeutung der (Klang-)Farbe auf mein Hörerlebnis ausmacht; denn ich höre nicht NUR Farbe, ich höre Struktur und Rauhheit, Finish und Glanz als ebenso wichtige Bestandteile einer klanglichen Signatur. Und für mich ist es ein RISIEGER Unterschied, ob eine Lackierung matt, halbmatt oder glänzend oder gar hochglänzend ausgeführt ist. Die gleiche Farbe kann also durch Unterschiede in der Pigmentierung ganz anders wirken (da sind Welten dazwischen) - obwohl mein Spektograf immer noch den gleichen Farbwert ausspuckt.

                        Klang besteht aus soviel mehr als Tonalität, daß letztere für mich eher eine Banalität darstellt - das kann aber berechtigterweise bei einem anderen Hörer ganz anders aussehen.
                        Gruß Thorsten

                        Kommentar


                          #13
                          Die wichtigsten Faktoren in matadoerles Kette sind zweifellos SIGNAL, RAUM und WAHRNEHMUNG.
                          Für HIFI bleiben da meiner Schätzung nach gerade noch ein paar Prozent übrig, von denen wiederum vier Fünftel auf die Lautsprecher entfallen. Die Elektronik ist tatsächlich also so ziemlich das Letzte, woran es sich zu drehen lohnt.
                          Sehe ich genau so. Noch weniger Bedeutung (genau genommen gar keine) als die Elektronik haben dann nur noch die Kabel (ich erwähne sie meist gar nicht mehr und gehe immer davon aus, dass sie tadellos sind, ein "besser" gibt es dann auch nicht mehr).

                          Wie gesagt finde ich die Zusammenfassung von Thorsten sehr gut, aber umso öfter ich sie lese, desto mehr neige ich dazu zu sagen dass die WAHRNEHMUNG (weil hier die Stimmungslage enthalten ist) den größten Anteil in (m)einer Wichtigkeitsskala einnimmt.

                          Ich möchte sogar noch einen Schritt weitergehen und behaupte, dass Menschen die großen Stimmungsschwankungen unterliegen (viele - fast alle - Künstler gehören dazu), grundsätzlich auch die sind, die zur Unobjektivität neigen (was jetzt bitte nicht negativ aufgefasst werden soll!).

                          Die "Coolen", die "Realos" und die (ernstzunehmenden!) Techniker haben auf diesem Gebiet wesentlich kleinere Amplituden und schon deshalb nehme ich deren Aussagen viel eher ernst. Aber ganz frei sind sind sie davon auch nicht, sonst wären es gar keine Menschen, sondern so etwas wie Messgeräte.;)

                          Nur ein verblindeter Test mit relativ kurzem A/B-Vergleich niveliert diese Vorurteile und Stimmungsschwankungen auf Null aus. Dementsprechend groß ist die Ablehnung dazu - und was Wunder! - die Ablehner kommen (fast) alle aus der "Emotionsecke". Techniker findet man dort kaum und wenn, dann fragt man sich zurecht, inwieweit man sie ernst nehmen kann.
                          Gruß
                          David


                          WEBSEITE HiFiAKTIV: Klick mich
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                          Auch Personen, die noch wenig Wissen auf diesem Gebiet haben, oder solche, die Rat und Hinweise von Erfahrenen suchen, sind hier richtig.
                          Meine Auffassung von seriösen Vergleichstests: Klick mich - Die bisherigen Testergebnisse: Klick mich - Private Anlage: Klick mich - Wann gefällt mir ein Musikstück? - Klick mich
                          Grundsätzlich: Behauptungen die mir bedenklich erscheinen, glaube ich nur, wenn sie messtechnisch nachvollziehbar sind und wenn sie mir in Form eines verblindeten Vergleichs bewiesen werden konnten.
                          Eine Bitte an Alle: nicht ganze (noch dazu große) Beiträge zitieren und darunter einen kurzen Kommentar schreiben! Besser (beispielsweise): "Volle Zustimmung zu Beitrag 37".
                          Wichtig: zumindest versuchen, beim Thema bleiben!

                          Kommentar


                            #14
                            Zitat von Hifiaktiv Beitrag anzeigen
                            Nur ein verblindeter Test mit relativ kurzem A/B-Vergleich niveliert diese Vorurteile und Stimmungsschwankungen auf Null aus.
                            Vorurteile vielleicht. Aber warum Stimmungsschwankungen?
                            Und was die Emotionsecke angeht: Die Kritik an den gängigen Blindtests kommt zumindest in diesem Forum mehrheitlich von Leuten, die halt einen anderen Background haben als Technik. Also zum Beispiel Natur- oder Geisteswissenschaften. Ist jetzt nicht so die Wohlfühlabteilung...

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                              Zitat von Spalatro Beitrag anzeigen
                              Auch ich sehe es so, daß in diesem Modell noch weniger Platz für Klangeinflüsse durch die Elektronik bleibt.
                              ja und nein. Denn es geht ja nicht nur darum, was den Klangeindruck ausmacht, sondern auch darum, wie wir ihn beeinflussen können. Und da bleibt eigentlich außer dem Raum und dem Hifi nicht viel über. Beim Signal muss ich mich als Konsument nach der Decke strecken, der Reiz ergibt sich eh aus Signal, Hifi und Raum und an meiner Wahrnehmung kann ich auch nicht viel ändern (außer vielleicht durch Yoga und/oder Kiffen). Bleiben also Hifi und Raum, wobei beim Raum die Möglichkeiten in der Praxis auch beschränkt sind (würd gern mal mein Alpha Horn in einem 200 qm Loft hören...).

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