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JBL LSR4328PAK - erste Erfahrungen mit aktiven Studiomonitoren

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    #46
    Zitat von Mike Beitrag anzeigen
    Das (scheinbare) Paradox, das mich verwundert, ist, dass die Technik beim Musikhören in den Hintergrund treten muss. Schließlich ist sie Mittel zum Zweck. Wird sie zum Selbstzweck, wird die Musik, also das Eigentliche, das Hauptsächliche, in den Hintergrund gedrängt. Wie viele Hifi- und High-End-Fans suchen den "wahren", den "perfekten" Klang und verlieren sich in dem Labyrinth der Technik: Hier noch ein Silberkabel, dort ein weiterer Absorber...

    Interessant finde ich auch, dass eine "ehrliche" Wiedergabe, wohl nur durch technischen Fortschritt - also ein "mehr" an Technik - zu erreichen ist. Man nehme für den Vergleich, was "ehrlicher" klingt, nur das Grammophon als Beispiel. Was klingt ehrlicher: Die Technik von vor 100 Jahren oder die heutige? Was "schöner" klingt, steht selbstverständlich auf einem anderen, höchst individuellen Blatt...
    Hallo Michael,

    das ist wirklich mal eine schöne Diskussion, die Du da angezettelt hast, mit Tiefgang. Ganz genau: Die Technik sollte immer nur Mittel zum Zweck sein. Das Problem bei der Suche nach dem perfekten Klang ist für mich die gewisse Idealisierung. Was ist denn perfekt? Das ist ein Idealzustand, den man gar nicht mehr greifen kann, der völlig fiktiv ist, ein Phantom, dem man nachjagt. In dem Kontext kommt auch das Dekadenzproblem. Die Verfeinerung und Überfeinerung des Geschmacks kann auch dazu führen, daß man den Sinn für das Elementare und Einfache verliert. Andererseits ist eine gewisse technische Perfektionierung legitim. Beispiel: Der Fazioli, der Rolls-Royce unter den Flügeln, klingt schlecht intoniert miserabler als ein ordinärer Kawai. Wenn Zubehör - wie Kabel z.B. - der Intonation dient, d.h. die Balance in der Anlage herzustellen, dann ist das völlig in Ordnung. Wenn Leute aber meinen, teuer sei immer und in jedem Fall besser, dann ist das offensichtlich falsch. Es gibt ganz "billige" Anlagen, die hervorragend klingen und wo die Balance mit ganz bescheidenen Mitteln herzustellen ist. Viele teure und sehr teure Anlagen klingen dagegen überhaupt nicht, die möchte ich im Wohnzimmer gar nicht haben. Und ich frage mich oft, wenn ich mit bescheidenen Mitteln zufrieden bin: Brauche ich wirklich mehr? Steht der Aufwand, hier und da noch ein bisschen herauszukitzeln, wirklich in einer vernünftigen (technischen und preislichen) Relation zum Ergebnis? Auch da sind wir beim Grundsätzlichen: Wenn die Anlage die wesentlichen Dinge vermittelt, die wirklich wichtig sind, reicht das nicht völlig aus?

    Das Beispiel mit der Aufnahmetechnik ist sehr gut! Genau dasselbe. Wenn die Aufnahmetechnik (Karajans Wirkung!) zu sehr auf Ästhetik fixiert ist, dann kann die Ehrlichkeitdarunter leiden!

    Beste Grüße
    Holger

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      #47
      Hallo Holger,

      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
      Ganz genau: Die Technik sollte immer nur Mittel zum Zweck sein. Das Problem bei der Suche nach dem perfekten Klang ist für mich die gewisse Idealisierung. Was ist denn perfekt? Das ist ein Idealzustand, den man gar nicht mehr greifen kann, der völlig fiktiv ist, ein Phantom, dem man nachjagt.
      Ja und die Idealisierung wird genau dann zum Problem, wenn man sie nicht mehr reflektiert. Dann wird das Phantom quasi "externalisiert", es wird im Außen gesucht, obwohl es sich doch in einem selbst - der eignen Phantasie - befindet. Das Phantom ist lediglich das Artefakt der eigenen Psyche. Aber neben dem Nicht-Erkennen des eigenen Phantasieproduktes ist das eigentlich Fatale, dass ein Ideal unmöglich zu erreichen ist: Das Phantasieprodukt ist stets besser als die Realität - wenn nicht sofort, dann im Verlauf der Zeit. So ist z.B. keine Hochzeitsfeier so, wie man sie sich vorgestellt hat, trotz bestmöglicher Planung. Auch die Partnerschaft weicht mit der Zeit immer stärker von der Idealvorstellung ab. Die Regel trifft auch auf die Kinder zu, die aus dieser Partnerschaft hervorgehen usw. Das Auto, auf das man einen lange Zeit gespart hat, entpuppt sich als "Montagswagen". Auf die Musik bezogen: Die ideale Musikwiedergabe kann es nicht geben. Es gibt immer eine Abweichung von diesem "Phantom". Hier sollte meiner Ansicht nach das "Realitätsprinzip" eingesetzt werden, will man nicht schier verzweifeln: Die Relationen, von denen Du schreibst, sollten wieder hergestellt werden. Welcher Aufwand ist (noch) angemessen? Die authentische Wiedergabe eines Flügels gelingt nur, wenn man eben diesen Flügel in der Realität hört. Alles andere ist ein Phantom, so real es einem auch erscheinen mag.

      Eine kleine Anekdote hierzu:
      Vor einigen Jahren hatte ich bei meiner Schwiegermutter, die Musiklehrerin und Pianistin war, Klavierunterricht genommen. Nach der Übungsstunde plauderten wir immer über "Gott und die Welt" und hörten dabei in ihrem Wohnzimmer Musik, in dem auch der Flügel stand. Sie besaß eine alte, billige Hifi-Anlage von einer Versandhauskette (Quelle?). Ich fragte sie, weshalb sie sich keine Anlage kaufen würde, die besser klingt. Sie antwortete, dass sie mit dem Klang zufrieden sei. Ich erzählte ihr von meiner Anlage und als sie mich in Hamburg besuchte (sie wohnte in Lübeck), führte ich ihr gute Aufnahmen klassischer Musik vor. Ihre lapidare Antwort damals auf meine Frage, wie sie den Klang fände, war: "Ich höre keinen Unterschied zu meiner Anlage." Ich war enttäuscht...
      In dieser Zeit besuchte ich meinen Schwiegervater und dessen zweite Frau in der Oberpfalz. Er war ebenfalls Musiklehrer, Pianist und war ein Jahrzehnt lang Dozent an der Musikhochschule zu Lübeck. Bei dieser Lebensgeschichte und seiner absoluten Musikleidenschaft, glaubte ich wahrscheinlich bei ihm eine sehr hochwertige Hifi-Anlage zu finden und war sehr neugierig darauf. Aber: Als ich sie sah, war ich sehr verwundert: Es war eine kleine Kompaktanlage, ein No-Name-Produkt! Und dann kam mir die "Erleuchtung": Diese beiden Menschen wissen, wie jedes Musikinstrument eines Orchesters klingt. Die Interpretation - das Wie des Spielens - war wichtig, nicht der Klang! Der Instrumentenklang muss wohl aus der Erinnerung "erzeugt" werden. Ich stelle es mir vor, wie der versierte Dirigent, der eine Partitur liest und mit seinem "inneren Ohr" die Musik hört. Eigentlich beneidenswert, denn diese Menschen tragen die "idealen Instrumente" - die Referenzen - immer mit sich.

      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
      Wenn Zubehör - wie Kabel z.B. - der Intonation dient, d.h. die Balance in der Anlage herzustellen, dann ist das völlig in Ordnung. Wenn Leute aber meinen, teuer sei immer und in jedem Fall besser, dann ist das offensichtlich falsch.
      Genau, denn dann geht es nicht mehr um das Eigentliche. Dann geht es tatsächlich um Dekadenz, Prestige, Statussymbole - die "Verfeinerung des Geschmacks" passiert dann auf Kosten einer "Verrohung des Musischen". Nämlich dann, wenn die Aufnahmequalität in den Vordergrund rückt und nicht Interpretation und Aussage des Künstlers. (Ich weiß, dass diese Aussage manchem "sauer aufstoßen" könnte. Das intendiere ich nicht: Jemanden verletzten zu wollen, liegt mir fern. Es ist nur meine Ansicht, die nicht geteilt werden muss.) Ich liebe übrigens auch "Transparenz" - das ist meine "banausische" Seite. :C

      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
      Es gibt ganz "billige" Anlagen, die hervorragend klingen und wo die Balance mit ganz bescheidenen Mitteln herzustellen ist. Viele teure und sehr teure Anlagen klingen dagegen überhaupt nicht, die möchte ich im Wohnzimmer gar nicht haben. Und ich frage mich oft, wenn ich mit bescheidenen Mitteln zufrieden bin: Brauche ich wirklich mehr? Steht der Aufwand, hier und da noch ein bisschen herauszukitzeln, wirklich in einer vernünftigen (technischen und preislichen) Relation zum Ergebnis? Auch da sind wir beim Grundsätzlichen: Wenn die Anlage die wesentlichen Dinge vermittelt, die wirklich wichtig sind, reicht das nicht völlig aus?
      D'accord - zu 100%!

      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
      Das Beispiel mit der Aufnahmetechnik ist sehr gut! Genau dasselbe. Wenn die Aufnahmetechnik (Karajans Wirkung!) zu sehr auf Ästhetik fixiert ist, dann kann die Ehrlichkeitdarunter leiden!
      Ja, das sehe ich ebenfalls so. Das ist eine Verschiebung der Prioritäten. Jetzt bewege ich mich auf dünnes, weil intuitives Eis - hierüber wirst Du viel besser Bescheid wissen als ich: Mir fällt z.B. bei Interpretationen von Maurizio Pollini auf, dass diese technisch brillant sind. Doch nicht immer wünsche ich mir, dass der Aspekt auf die Spieltechnik gelegt wird. Was in der Barock-Musik und auch (noch) für die Klassik gilt, gilt für mich nicht mehr für die Interpretation romantischer Musik: Barock empfinde ich als (im positiven Sinne!) "technisch" und "konstruiert". Romantische Musik spricht aber in noch größerer Hinsicht meine Gefühle an. Wird hier Technik über Gefühl gesetzt, berührt mich die Interpretation nicht mehr. Ich bemerke das immer dann, wenn mich eine Komposition eigentlich anspricht, die Interpretation aber nicht. Dann kann es nicht an der Komposition liegen, dass ich dazu kein Gefühl entwickeln kann. Das gilt auch für Ashkenazys Chopin-Interpretationen. Ich kaufte mir das Gesamtwerk vor vielen (20?) Jahren und war trotz zum Teil sehr schlechter Aufnahmequalität so angetan, dass ich, entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, keine anderen Künstler zum Vergleich heranzog. Jetzt (wie im anderen Thread erwähnt) hatte ich durch Zufall Nelson Freires Nocturnes-Interpretation gehört. Mein Mann brachte diese mit und um ihm einen Gefallen zu tun, legte ich die Aufnahme ein, nahm ein gutes Buch zur Hand, um mir nicht gänzlich die Laune von einem schlechten oder mediocren Spiel meiner geliebten Nocturnes die Laune verderben zu lassen. Aber siehe da: Nach wenigen Takten legte ich das Buch beiseite und eine Gänshaut jagte die andere, so sehr war ich berührt. Das Gefühl, das Freire mit seinem Spiel transportiert, war viel tiefer als das von Ashkenazy erzeugte. Diese Spannungen, die Freire durch Verzögerungen im Rhythmus erzeugt, die nach Auflösung verlangen, finde ich unglaublich!
      Das heißt beileibe nicht, dass Freire technisch nicht brillant ist - im Gegenteil: Es ist wie bei einer guten Hifi-Anlage, die Technik ist Mittel zum Zweck und tritt vor dem Eigentlichen, dem Wesentlichen zurück. Sie wird unaufdringlich und lässt so Raum für die Kunst. Es geht nicht ohne Technik in der Kunst. Aber es ist wie die Mathematik in der Physik: Sie ist lediglich eine "Hilfswissenschaft". Technik erfüllt Wünsche. Nur selten bezieht sich der Wunsch auf die Technik selbst. Zumeist bezieht er sich auf etwas drittes, das durch die Technik erreicht werden soll. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist sie eben nichts anderes als ein "Erfüllungsgehilfe".
      Beste Grüße,
      Mike

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        #48
        Michael, du hast mehr Durchblick als die meisten Hifi-Enthusiasten. Vor allem auch deshalb, weil du dich nicht vom Marketing-Geschwurbel beeinflussen lässt.

        Nüchtern betrachtet ist ein Lautsprecher (genau genommen die gesamte Musikwiedergabeanlage) ein Zweckgegenstand wie viele andere Dinge des täglichen Lebens auch. Wie bereits geschrieben, ist die Technik dahinter einfachst, jedes Handy (nur als Beispiel) ist unvergleichlich komplexer.

        Auch ich kenne viele Musiker - bzw. habe schon viele kennen gelernt. Bis auf ganz wenige Ausnahmen ist mir kaum Jemand untergekommen, der für die Musikwiedergabe irgendetwas Besonderes hat(te). Im Gegenteil, uralte und billige Geräte werden verwendet, solange sie irgendwie ihren Zweck erfüllen. Der klangliche Anspruch dabei ist (aus HiFi-Sicht) sehr niedrig. Erst vor Kurzem war ich bei Jemandem (sehr guter Musiker), bei dessen Anlage seit Jahren nur ein Kanal funktioniert. Darauf angesprochen gab es nur Schulterzucken und ein "ich habe mich daran gewöhnt".

        Erst wenn man die Musikwiedergabe zum Hobby macht und sich so etwas wie Gerätefetischismus dazuschlägt, ändert sich die Sache. Oft geht es dann auch gar nicht mehr vorrangig um die Musik, sondern hauptsächlich um deren Wiedergabe. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, man sollte sich dabei nur nicht selbst belügen.

        Vergleichen kann man übrigens ausschließlich (!!!) am gleichen Ort, unter gleichen (möglichst guten!) Umständen und mit geringem Zeitversatz.
        Ganz ideal natürlich verblindet.
        Wird nur einer dieser Punkte vernachlässigt, ist der Vergleich Murks. Der Normalfall ist, dass alle Punkte missachtet werden. Urteile die so zustande kommen, sind meist falsch. Da es aber zum Glück kaum schlechte Geräte am Markt gibt, ist auch das egal. Der Glaube das Richtige gemacht zu haben, reicht.
        Gruß
        David


        WEBSEITE HiFiAKTIV: Klick mich
        Einen "Audio-Laien" erkennt man daran, dass er sich viel mehr mit Audiokomponenten beschäftigt als mit Raumakustik, LS-Aufstellung und Hörplatzwahl.
        Auch Personen, die noch wenig Wissen auf diesem Gebiet haben, oder solche, die Rat und Hinweise von Erfahrenen suchen, sind hier richtig.
        Meine Auffassung von seriösen Vergleichstests: Klick mich - Die bisherigen Testergebnisse: Klick mich - Private Anlage: Klick mich - Wann gefällt mir ein Musikstück? - Klick mich
        Grundsätzlich: Behauptungen die mir bedenklich erscheinen, glaube ich nur, wenn sie messtechnisch nachvollziehbar sind und wenn sie mir in Form eines verblindeten Vergleichs bewiesen werden konnten.
        Eine Bitte an Alle: nicht ganze (noch dazu große) Beiträge zitieren und darunter einen kurzen Kommentar schreiben! Besser (beispielsweise): "Volle Zustimmung zu Beitrag 37".
        Wichtig: zumindest versuchen, beim Thema bleiben!

        Kommentar


          #49
          Hallo David,

          Erst wenn man die Musikwiedergabe zum Hobby macht und sich so etwas wie Gerätefetischismus dazuschlägt, ändert sich die Sache. Oft geht es dann auch gar nicht mehr vorrangig um die Musik, sondern hauptsächlich um deren Wiedergabe. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, man sollte sich dabei nur nicht selbst belügen.
          Genau das ist mir passiert, als die ich die Isobarik ersteigert hatte: Plötzlich verselbstständigte sich alles! Meine Linn-Anlage war bis dato das "Non-plus-ultra". Dann las ich in einigen Foren, dass die Briks "spezielle" Verstärker brauchen würden, die äußerst laststabil sein müssten, weil sie sonst Schaden nehmen müssten. Also ersteigerte ich meinen ersten Mc. Ich bin auf das Foren-Geschwurbel hereingefallen. Dann beschleunigte sich der "Haben-wollen-Prozess" und ich kaufte das Röhren-Geraffel. Nicht, weil ich mir einen besseren Klang versprach. Sondern weil sich die Priorität von der Musik zu den Geräten verschob. Das, wovon ich in dem obigen Text berichte, habe ich also selbst durchlebt und auch zum Teil durchlitten: Zweifel, Unsicherheit und Ärger über meine Leichtgläubigkeit und meine Unwissenheit. Das ist jetzt glaube ich vorbei: Ich lasse mir so leicht kein "X" mehr für ein "U" vormachen. Die McIntosh sind jetzt, was sie eigentlich schon immer waren: Eine Wertanlage, eine Augenweide, ein Prestigeobjekt und wohl auch ein Ausdruck von - wie Du es nennst - "Gerätefetischismus". Ich erlaube mir, das offen zuzugeben. Vielleicht ist das der Unterschied zwischen mir und den Menschen, die irgendwann in ihrem "High-(El)end" versinken. Truth hurts, heißt es so schön. Aber noch mehr schmerzt es (zumindest mich), sich selbst zu belügen. Selbstbetrug ist wie eine Bettdecke, die zu kurz geraten ist: Äußerst unkomfortabel auf Dauer!

          Vergleichen kann man übrigens ausschließlich (!!!) am gleichen Ort, unter gleichen (möglichst guten!) Umständen und mit geringem Zeitversatz.
          Ganz ideal natürlich verblindet.
          Wird nur einer dieser Punkte vernachlässigt, ist der Vergleich Murks. Der Normalfall ist, dass alle Punkte missachtet werden. Urteile die so zustande kommen, sind meist falsch. Da es aber zum Glück kaum schlechte Geräte am Markt gibt, ist auch das egal. Der Glaube das Richtige gemacht zu haben, reicht.
          Auch das finde ich absolut richtig. Aber Wahrheit ist eben die Lüge, die man zu ihr macht. Und diese Lüge wird dann zur eigenen "Realität". Dadurch entsteht meistens so etwas wie eine kognitive Dissonanz: Gefühl und Verstand klaffen auseinander. Doch statt sich zu reflektieren und sich einzugestehen, dass etwas nicht stimmt, wird rationalisiert, geschwurbelt, beleidigt, sich in die Schmollecke zurückgezogen usw. Ich bin der Meinung, nicht sein "Wille", sondern sein "Glaube" ist des Menschen Himmelreich - und dazu gehört auch der Glaube, das Richtige gemacht zu haben, wie Du so trefflich schreibst.
          Beste Grüße,
          Mike

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            #50
            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Ja und die Idealisierung wird genau dann zum Problem, wenn man sie nicht mehr reflektiert. Dann wird das Phantom quasi "externalisiert", es wird im Außen gesucht, obwohl es sich doch in einem selbst - der eignen Phantasie - befindet. Das Phantom ist lediglich das Artefakt der eigenen Psyche. (...)
            Hallo Michael,

            sehr schön! Das ist ein Lehrstück von Dir zum Thema „Idealisierung“. Wir idealisieren im Alltag immer – was man liebt und schätzt, sieht schöner aus, als es ist. Und zum anderen liegt in der Idealisierung eine Dynamik des „immer besser“: Die harmonische Stimmung beim Flügel kann immer noch harmonischer sein. Das Grundproblem hast Du finde ich treffend beschrieben, die Hypostasierung: Wenn unsere Ideale quasi abgekoppelt werden von der Realität und verabsolutiert werden. Wenn das Ideal (der möglichst perfekt gestimmte Flügel) mir dazu dient, mit der Realität besser zurecht zu kommen, z. B. dissonante Musik oder harmonisch komplexe wie Ravel klingt auf einen schlecht gestimmten Flügel besonders schauerlich. Die Perversion beginnt, wenn die Realität nur noch am Ideal gemessen wird, was sie niemals erreicht und nicht umgekehrt das Ideal dazu dient, eine bestimmte Realität zu harmonisieren und damit ein schönes Ziel auch wirklich zu erreichen. Dann bleibt man stets unzufrieden: auch der gut gestimmte Flügel ist dann eigentlich ungestimmt, der gute Partner nur ein schlechter Partner usw.


            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Eine kleine Anekdote hierzu:

            Ihre lapidare Antwort damals auf meine Frage, wie sie den Klang fände, war: "Ich höre keinen Unterschied zu meiner Anlage." Ich war enttäuscht...

            In dieser Zeit besuchte ich meinen Schwiegervater und dessen zweite Frau in der Oberpfalz. Er war ebenfalls Musiklehrer, Pianist und war ein Jahrzehnt lang Dozent an der Musikhochschule zu Lübeck. Bei dieser Lebensgeschichte und seiner absoluten Musikleidenschaft, glaubte ich wahrscheinlich bei ihm eine sehr hochwertige Hifi-Anlage zu finden und war sehr neugierig darauf. Aber: Als ich sie sah, war ich sehr verwundert: Es war eine kleine Kompaktanlage, ein No-Name-Produkt!
            Ähnliche Erfahrungen kenne ich auch mit Musikern: Mein Pianistenfreund hört mit einer Anlage von 700 Euro und die klingt toll! Wenn man sie auf „Herz und Nieren“ prüfen würde, dann hätte sie bestimmt etliche Schwächen. Aber das interessiert ihn nicht: was er hören will, das hört er. Krystian Zimerman hört sich seine Aufnahmen nach eigenen Angaben immer im Autoradio (!) an mit der Begründung: ihm komme es auf den Gesamteindruck an. Am Flügel ist er ein Perfektionist, kennt die Mechanik besser als die Techniker von Steinway. Das spielt auch eine Rolle: Wenn es um das Instrument geht, die Erzeugung des Klanges in natura, machen Musiker ungern Kompromisse, die Anlage dient dann mehr oder weniger zum Abhören, sie muss eine gewisse Klarheit haben, und das reicht. Teilweise gibt es da seltsame Fälle: Mein Händler erzählt mir von einem, wo ein Geiger einen LS haben wollte, der genauso klingt, dass er den Eindruck bekommt, das Instrument am Körper zu haben. Mit Deiner Schwiegermutter ist das wohl so wie mit meiner Frau: Sie legt einfach auf hypergenaue Wiedergabe keinen Wert – allerdings hört sie sehr gut, wenn es sein muss, meine Kabel, die ich kaufen wollte, hat sie immer nach wirklich ultrakurzem Anhören genehmigt. Bei mir ist das anders. Wenn man selbst Klavier spielt, dann möchte man bestimmte Dinge hören, auf die andere vielleicht nicht achten, das Ausschwingen der Saiten z.B. an der Grenze des Hörbaren.

            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Genau, denn dann geht es nicht mehr um das Eigentliche. Dann geht es tatsächlich um Dekadenz, Prestige, Statussymbole - die "Verfeinerung des Geschmacks" passiert dann auf Kosten einer "Verrohung des Musischen". Nämlich dann, wenn die Aufnahmequalität in den Vordergrund rückt und nicht Interpretation und Aussage des Künstlers. (Ich weiß, dass diese Aussage manchem "sauer aufstoßen" könnte. Das intendiere ich nicht: Jemanden verletzten zu wollen, liegt mir fern. Es ist nur meine Ansicht, die nicht geteilt werden muss.) Ich liebe übrigens auch "Transparenz" - das ist meine "banausische" Seite. [IMG]file:///C:/DOCUME%7E1/gtasheva/LOCALS%7E1/Temp/msoclip1/01/clip_image001.gif[/IMG]
            Das ist ein nicht einfaches Thema. Die „Verfeinerung der Sinne“ ist ein Programm des aufgeklärten Humanismus von Herder bis Kandinsky und Stockhausen. Sie kann aber auch als Dekadenz kritisiert werden – der literarische Klassiker Joris Karl Huysmans „Gegen den Strich“. Ein feines Ohr haben und es schulen ist an sich positiv – dazu trägt auch eine sehr gute Anlage bei. Ich liebe auch die Transparenz und weiß das zu schätzen. Anders kann man nämlich historische Aufnahmen mäßiger Qualität gar nicht mehr hören! Dekadent wird es, wenn mit der Verfeinerung kein Erkenntnisgewinn mehr verbunden ist und sie nur noch um ihrer selbst willen betrieben wird. Ich muss nicht die Ameisen auf dem Podium krabbeln hören, das gehört nicht zum ästhetisch wichtigen Gehalt.

            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Ja, das sehe ich ebenfalls so. Das ist eine Verschiebung der Prioritäten. Jetzt bewege ich mich auf dünnes, weil intuitives Eis - hierüber wirst Du viel besser Bescheid wissen als ich: Mir fällt z.B. bei Interpretationen von Maurizio Pollini auf, dass diese technisch brillant sind. Doch nicht immer wünsche ich mir, dass der Aspekt auf die Spieltechnik gelegt wird.
            Pollini kann manchmal etwas unpersönlich sein (wie im langsamen Satz von Beethovens Pathetique), aber er hat auch einige wirklich exemplarische, zeitlos gültige Aufnahmen romantischer Musik gemacht, die einfach eine ideale Ausgewogenheit und wirklich „Schönheit“ haben. Beispiel: Schubert Wanderer-Fantasie und A-moll-Sonate (da kommt auch Brendel bei weitem nicht heran!), sowie Schumann Sonate Nr. 1 und Fantasie op. 17. Sehr schätze ich auch seine Aufnahme der Chopin-Preludes, gerade wegen ihrer feinsinnigen Introvertiertheit. Das ist weit berührender als bei manch anderen, die da aufdringlich rhetorisch werden.

            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Was in der Barock-Musik und auch (noch) für die Klassik gilt, gilt für mich nicht mehr für die Interpretation romantischer Musik: Barock empfinde ich als (im positiven Sinne!) "technisch" und "konstruiert". Romantische Musik spricht aber in noch größerer Hinsicht meine Gefühle an.
            Mit dieser Wertung sind wir von der Romantik wahrlich geprägt. Die Kritik kommt schon im 18. Jahrhundert auf. Barockmusik wird als gekünstelt empfunden. Das liegt nicht zuletzt an Rousseau und der Empfindsamkeit, dem Ideal der Natur und Natürlichkeit einer schlichten Melodie. Die Barockästhetik war ja eine „Kunst“-Ästhetik, die bewusst das Artifizielle betont. Ein Grund liegt aber auch darin, dass Barockmusik sehr von der Rhetorik geprägt ist. Es gibt eine ganze Figurenlehre als Vokabeln des Ausdrucks. Nur haben wir diese Sprache heute nahezu verloren. Ich weiß das von meinem Pianistenfreund: An der Hochschule wird das alles nicht mehr gelehrt. Entsprechend klingen dann die Interpretationen mangels Wissen ziemlich ausdruckslos. Die Cembalisten dagegen lernen das noch!

            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Wird hier Technik über Gefühl gesetzt, berührt mich die Interpretation nicht mehr. (...) Das gilt auch für Ashkenazys Chopin-Interpretationen. (...)
            Ich bin auch ein großer Bewunderer von Ashkenazy – hatte in meiner Jugend immer die meisten Platten von ihm. Sein Chopin ist oft sehr aufrüttelnd, intelligent interpretiert. Technisch immer absolut perfekt. Aber nicht alles ist gelungen. Einige Nocturnes habe ich – es ist schon etwas länger her – im Konzert in Köln von ihm gehört. Die haben mir auch nicht gefallen. Das war zwar alles klanglich ungemein abgestuft und insofern große Pianistik, aber zu terrassenartig, keine Dynamik drin! Das wirkt dann ein bisschen biedermeierlich. Pollinis Aufnahme ist da ganz anders – die überzeugendste finde ich von seinen letzten: Er zeigt, dass es da einen „Drang“ gibt, die Stücke eine innere Dramaturgie haben.

            Zitat von Mike Beitrag anzeigen
            Das heißt beileibe nicht, dass Freire technisch nicht brillant ist - im Gegenteil: Es ist wie bei einer guten Hifi-Anlage, die Technik ist Mittel zum Zweck und tritt vor dem Eigentlichen, dem Wesentlichen zurück. Sie wird unaufdringlich und lässt so Raum für die Kunst. Es geht nicht ohne Technik in der Kunst. Aber es ist wie die Mathematik in der Physik: Sie ist lediglich eine "Hilfswissenschaft". Technik erfüllt Wünsche. Nur selten bezieht sich der Wunsch auf die Technik selbst. Zumeist bezieht er sich auf etwas drittes, das durch die Technik erreicht werden soll. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist sie eben nichts anderes als ein "Erfüllungsgehilfe".
            Die Freire-Aufnahme muss ich mir wohl anhören! Beim Instrumentalspiel braucht man leider die Technik als „Erfüllungsgehilfe“. Die wirklich größten Techniker und Perfektionisten (exemplarisch: Benedetti Michelangeli) lassen einen die technischen Mühen völlig vergessen. Viele können die technisch aberwitzig schweren Paganini-Veriationen von Brahms spielen, aber der Flügel klingt nicht mehr, er ächzt und stöhnt. Bei Michelangeli ist das reine Musik, völlig entmaterialisiert. Die vollkommen beherrschte Technik hebt sich selber auf in musikalischen Ausdruck. Technik ist eben nicht gleich Mechanik! :M


            Beste Grüße
            Holger

            Kommentar


              #51
              @Holger
              Ich freue mich sehr über unsere anregende Diskussion und werde sie mit Freude und Genuss weiterführen! :M

              @David
              Über Deine Kompetenten technischen Infos freue ich mich ebenfalls immer - die sind für mich KEIN :R! :M

              @all
              Einige Worte will ich zur derzeitigen Struktur des Threads verlieren, um Klarheit zu schaffen. Der Thread splittet sich derzeit in eine philosophische und eine technische Seite. Beide Seiten gehören meiner Ansicht nach zu derselben "Medaille", ergänzen einander und sollten unbedingt weiter verfolgt werden!
              Zur philosophischen Seite habe ich mich geäußert. Fehlt also die technische. Auch die will ich vorantreiben, indem ich ein Audio-Computer-Interface und ein Messmikrofon kaufen werde. Es wird wohl das "Tascam US-144MkII" als Interface und ein "Behringer ECM8000" als Messmikro. Beides scheint mir von der Preis-Leistungsrelation ganz vernünftig zu sein. Professionelle Ansprüche habe ich nicht.

              Ich will folgendes durchführen
              - Frequenzgangmessung der Monitore in meinem Hörraum
              - Integration von Squeezeboxcenter und Messsoftware mittels eines Plugins
              - Durchführung einer automatischen akustischen Raumkorrektur mittels eines Plugins
              - Manuelle Linear-Korrektur des Frequenzgangs

              Insgesamt will ich ein integriertes System zwischen Messung (Tascam/Behringer), Wiedergabe (Squeezeboxcenter), abhörraumgerechte Korrektur der Wiedergabe (Squeezeboxcenter-Plugin) und Wiedergabe über die Monitore (JBL). Der Signalweg soll bis zu den Endstufen der Monitore ausschließlich digital verlaufen.
              Ob es mir unter Linux gelingen wird, weiß ich nicht. Ich weiß, dass es freie Treiber für das Tascam-Gerät gibt. Wie gut sie implementiert sind, kann ich nicht abschätzen. Sollte es unter Linux nicht zum Laufen gebracht werden, werde ich das unter VirtualBox laufende Windows 7 versuchen.

              Vielleicht sind diese Experimente für die eher technisch interessieren Menschen interessant. Vor allem - sollten sie gelingen - werden sie eine einfache und kostengünstige Lösung für eine Raumkorrektur darstellen.

              Sollte es geeignetere Geräte geben als den Tascam US-144MkII bin ich wie immer für Tipps offen und dankbar.
              Beste Grüße,
              Mike

              ____________________
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              Kommentar


                #52
                Hallo Michael!
                Der Tascam ist super, ich verwende den kleineren Bruder (122) für meine tragbare Einmessanlage auch.

                Dir ist aber schon klar, dass du mit deinem Vorhaben so etwas wie eine (oft zur Verzweiflung führende) Lawine lostrittst?;)
                Mit unabsehbaren Folgen.......
                Zum Selbstbau ist es dann genau genommen nur noch ein recht kleiner Schritt (handwerkliches Können und die Möglichkeiten zur Ausführung vorausgesetzt).

                Aber die Sache ist jedenfalls hochinteressant, du wirst viele, viele Stunden damit verbringen und deine ohnehin schon überdurchschnittlich weit fortgeschrittene Ernüchterung wird in einem Status enden, der dazu führt, dass du über sehr viele einschlägige Aussagen nur noch den Kopf schüttelst oder dich ärgerst, oder.....je nachdem, wie du auf Lügen, Unwissenheit, Dummheit, Naivität usw. reagierst.

                Oder anders: du wirst die vielen Irrtümer und Irrwege der HiFi-Enthusiasten erkennen, aber auch, wie gut es funktioniert, menschliche Schwächen zu Geld zu machen.

                Du wirst keine Sekunde mehr über Verstärkerklang, CD-Playerklang und schon gar nicht über Kabelklang und ähnlichen Unfug nachdenken, weil du sehen wirst, was nur die kleinste Positionsveränderung zwischen Box und Mikrofon ausmacht (bei zwei Boxen gleichzeitig wird es noch viel dramatischer). Eine zweite Person im Raum, sogar wenn nur du bei Vergleichsmessungen anders stehst, ändert mehr, als der Tausch von tadelloser preisgünstiger Elektronik zu den teuersten Boliden die es zu kaufen gibt (die tatsächlich nicht einmal relevant bessere Messdaten liefern).

                Oje, oje Michael, willst du dir das tatsächlich antun???:Y
                Gruß
                David


                WEBSEITE HiFiAKTIV: Klick mich
                Einen "Audio-Laien" erkennt man daran, dass er sich viel mehr mit Audiokomponenten beschäftigt als mit Raumakustik, LS-Aufstellung und Hörplatzwahl.
                Auch Personen, die noch wenig Wissen auf diesem Gebiet haben, oder solche, die Rat und Hinweise von Erfahrenen suchen, sind hier richtig.
                Meine Auffassung von seriösen Vergleichstests: Klick mich - Die bisherigen Testergebnisse: Klick mich - Private Anlage: Klick mich - Wann gefällt mir ein Musikstück? - Klick mich
                Grundsätzlich: Behauptungen die mir bedenklich erscheinen, glaube ich nur, wenn sie messtechnisch nachvollziehbar sind und wenn sie mir in Form eines verblindeten Vergleichs bewiesen werden konnten.
                Eine Bitte an Alle: nicht ganze (noch dazu große) Beiträge zitieren und darunter einen kurzen Kommentar schreiben! Besser (beispielsweise): "Volle Zustimmung zu Beitrag 37".
                Wichtig: zumindest versuchen, beim Thema bleiben!

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                  #53
                  Zitat von Hifiaktiv Beitrag anzeigen
                  Hallo Michael!
                  Der Tascam ist super, ich verwende den kleineren Bruder (122) für meine tragbare Einmessanlage auch.

                  Dir ist aber schon klar, dass du mit deinem Vorhaben so etwas wie eine (oft zur Verzweiflung führende) Lawine lostrittst?;)
                  Mit unabsehbaren Folgen.......
                  Zum Selbstbau ist es dann genau genommen nur noch ein recht kleiner Schritt (handwerkliches Können und die Möglichkeiten zur Ausführung vorausgesetzt).

                  Aber die Sache ist jedenfalls hochinteressant, du wirst viele, viele Stunden damit verbringen und deine ohnehin schon überdurchschnittlich weit fortgeschrittene Ernüchterung wird in einem Status enden, der dazu führt, dass du über sehr viele einschlägige Aussagen nur noch den Kopf schüttelst oder dich ärgerst, oder.....je nachdem, wie du auf Lügen, Unwissenheit, Dummheit, Naivität usw. reagierst.

                  Oder anders: du wirst die vielen Irrtümer und Irrwege der HiFi-Enthusiasten erkennen, aber auch, wie gut es funktioniert, menschliche Schwächen zu Geld zu machen.

                  Du wirst keine Sekunde mehr über Verstärkerklang, CD-Playerklang und schon gar nicht über Kabelklang und ähnlichen Unfug nachdenken, weil du sehen wirst, was nur die kleinste Positionsveränderung zwischen Box und Mikrofon ausmacht (bei zwei Boxen gleichzeitig wird es noch viel dramatischer). Eine zweite Person im Raum, sogar wenn nur du bei Vergleichsmessungen anders stehst, ändert mehr, als der Tausch von tadelloser preisgünstiger Elektronik zu den teuersten Boliden die es zu kaufen gibt (die tatsächlich nicht einmal relevant bessere Messdaten liefern).

                  Oje, oje Michael, willst du dir das tatsächlich antun???:Y
                  Jaaa! :D Ich freue mich darauf, auch wenn ich ein sein muss, um mir das anzutun. Ich bin furchtbar neugierig. Aber Du beschreibst so herrlich, was mich erwarten wird. Deshalb mache ich das im vollen Bewusstsein und werde mir den Spaß am Eigentlichen, der Musik, nicht verderben lassen!
                  Hier im Forum werde ich durch Deine und jetzt auch Holgers Gedanken und Bemerkungen oft bis an meine Grenzen der Erfahrung und des Wissens getrieben - und das liebe ich! Denn nur wenn ich meine Unwissenheit erkenne, kann ich mein Wissen vergrößern. Das, was ich weiß, ist doch uninteressant. Mir meine Unwissenheit und Fehler vor Augen führen zu lassen, bringt mich hingegen weiter!

                  Ich werde gerne über meine Erfahrungen berichten, die ich in der nächsten Zeit machen werden. Und ich werde sie versuchen, sie in eine naturwissenschaftlich-technische und eine geisteswissenschaftlich-philosophische Achse einzuordenen, wobei sich beide bestimmt öfters überschneiden werden.

                  Möge die Lawine ins Rollen kommen! :S
                  Beste Grüße,
                  Mike

                  ____________________
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                    #54
                    endlich wiedermal ein wirklich interessanter thread

                    muss das heute Abend mal alles in Ruhe lesen...

                    lg
                    reno

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                      #55
                      Hallo David,

                      Der Tascam ist super, ich verwende den kleineren Bruder (122) für meine tragbare Einmessanlage auch.
                      Danke für Deine Anmerkung! Nachdem ich sie gelesen hatte, war ich gleich zu "JustMusic" gegangen: Tascam US-144MkII, Mikrofonstativ und XLR-Patch-Kabel gekauft. Leider war des Behringer Messmikro ausverkauft - na ja, bin ich halt zu spät gekommen. Habe ich eben bei Thomann bestellt und hoffe, dass es Montag oder Dienstag bei mir ankommen wird. So habe ich schon mal Zeit, mir den Tascam genauer anzusehen. Ich wollte übrigens auch den 122 kaufen. Für den 144 habe ich mich entschieden, weil ich ihn vielleicht für einen bestimmten Aufbau direkt an die JBLs werde anschließen müssen. Im Unterschied zu dem 122 hat der 144 nämlich jeweils eine RCA-Eingangs- und Ausgansbuchse für das Digitalsignal. Auf diese Weise spare ich mir das zwischzeitliche Wandeln des Digital- in ein Analogsignal. Das Analogsignal würden die Monitore dann wieder intern in ein digitales Wandeln. Haptisch finde ich den Tascam für seinen Preis recht wertig, mit seinen Alu-Flanken.

                      @Holger
                      So, im Gegensatz zu gestern Abend fühle ich mich jetzt wieder fit, um Dir, Holger, zu antworten. Kommt gleich im nächsten Posting.

                      @Cay-Uwe
                      Ich bin sehr gespannt auf das gebotene Einmesssystem. Ich sage es nur, weil die meisten Automatiken dieser Art hörtechnisch gesehen eher versagen.
                      Dich habe ich nicht vergessen: Ich werde die Room-Mode-Correction-Funktion testen, sobald mit das Messequipment vollständig vorliegen wird. Beim Messen werde ich so "leidenschaftslos" vorgehen, wie es mir möglich sein wird - auch wenn mir die Ergebnisse nicht gefallen sollte.

                      @Reno Barth
                      endlich wiedermal ein wirklich interessanter thread
                      muss das heute Abend mal alles in Ruhe lesen...
                      :F :S
                      Beste Grüße,
                      Mike

                      ____________________
                      Hier steht keine Signatur...

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                        #56
                        Zitat von Hifiaktiv Beitrag anzeigen
                        Du wirst keine Sekunde mehr über Verstärkerklang, CD-Playerklang und schon gar nicht über Kabelklang und ähnlichen Unfug nachdenken, weil du sehen wirst, was nur die kleinste Positionsveränderung zwischen Box und Mikrofon ausmacht (bei zwei Boxen gleichzeitig wird es noch viel dramatischer). Eine zweite Person im Raum, sogar wenn nur du bei Vergleichsmessungen anders stehst, ändert mehr, als der Tausch von tadelloser preisgünstiger Elektronik zu den teuersten Boliden die es zu kaufen gibt (die tatsächlich nicht einmal relevant bessere Messdaten liefern).
                        so einfach ist das halt auch nicht, weil unser Gehirn eben kein Messmikro ist. Toole hat in einer sehr wissenschaftlichen Untersuchung gezeigt, dass gleiche Lautsprecher in unterschiedlichen Räumen wiedererkannt werden (verblindet natürlich). Das funktioniert selbst dann, wenn die Unterschiede zwischen den Räumen so groß sind, dass das eigentlich nicht funktionieren dürfte. Offenbar besitzen wir also die Fähigkeit, bestimmte Parameter quasi automatisch zu korrigieren.

                        lg
                        reno

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                          #57
                          Hallo Michael

                          zwei Komplimente : mir gefällt der thread und mir gefällt wie Du Deine persönliche Entwicklung beschreibst. Die Frage - wieviel HiFi braucht man , um zufrieden Musik hören zu können - wurde ja schon in sehr vielen threads diskutiert wie zB hier und dort . Die Erkenntnisse zum Thema in diesen threads waren aber eher "mager" .
                          Einige Widersprüche lösen sich meiner Meinung dann auf, wenn man das Hobby "HiFi" vom Hobby "Musikhören" trennt und feststellt, daß man auf ein Großteil "HiFi" problemlos verzichten kann, um Musik mit Freude hören zu können. Womit ich kein modisches "downsizing" meine, sondern eine Besinnung auf das Notwendige.
                          Die Freude über einen guten Wiedergabeklang läßt sich mM damit erhalten, wenn man bewußt Musik regelmäßig auf einfachen Geräten hört, um sich damit zu "erden" .
                          Was mir weniger gefällt ist, wenn man sich über die "Marotten" der HiFi Fans lustig macht. Davids Satz könnte sich auch dahingehend interpretieren lassen :

                          Michael, du hast mehr Durchblick als die meisten Hifi-Enthusiasten. Vor allem auch deshalb, weil du dich nicht vom Marketing-Geschwurbel beeinflussen lässt.
                          Die ständige Verbesserung/Veränderung des Klangs ist bei manchen HiFi Freaks der wesentliche Inhalt des Hobbys, was man nicht in Frage stellen muß. Lästig ist da eher die andauernde öffentlich ausgetragene Wetteiferei um die angeblich besten Geräte.

                          Gruß Thomas
                          Zuletzt geändert von Gast; 29.10.2011, 14:07.

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                            #58
                            Zitat von plüschus Beitrag anzeigen
                            Einige Widersprüche lösen sich auf meiner Meinung dann auf, wenn man das Hobby "HiFi" vom Hobby "Musikhören" trennt und feststellt, daß man auf ein Großteil "HiFi" problemlos verzichten kann, um Musik mit Freude hören zu können.
                            Seh ich genauso. Z.B. höre ich gerne im Auto, wo's in meinem Fall wirklich grottig klingt. Eine gute Anlage macht mir allerdings eine erhebliche Extrafreude.

                            lg
                            reno

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                              #59
                              Hallo Holger,

                              Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                              Die Perversion beginnt, wenn die Realität nur noch am Ideal gemessen wird, was sie niemals erreicht und nicht umgekehrt das Ideal dazu dient, eine bestimmte Realität zu harmonisieren und damit ein schönes Ziel auch wirklich zu erreichen. Dann bleibt man stets unzufrieden: auch der gut gestimmte Flügel ist dann eigentlich ungestimmt, der gute Partner nur ein schlechter Partner usw.
                              Ein wirklich hervorragender Absatz!
                              Das ist der Kern unseres Alltagsverstandes: Die Spaltung in gegensätzliche "Absolutheiten" - gut und böse, tertium non datur! Diese Antagonismen stehen dann voneinander isoliert da, mit der Folge, dass entweder die eine oder die andere Seite vorhanden ist. Nur spürt man, dass auch die andere Seite vorhanden sein muss. Dieses Spüren drückt sich in einer Unzufriedenheit aus - ich bin der festen Ansicht, dass wir Menschen nach Ganzheit, nach Integration streben! (Das widerspricht nicht meiner obigen Ansicht, dass nicht alle Extreme dialektisch aufgelöst werden müssen. Denn wenn die Nicht-Integration bewusst abläuft, wird auch kein Gefühl der Unzufriedenheit erzeugt: Wir sehen jederzeit beide Seiten der Medaille.) Extrem drückt sich die Spaltung und das binäre Hin- und Herspringen auf den einen oder den anderen Pol in bestimmten psychischen Erkrankungen aus. Das beste Beispiel ist das Borderline-Syndrom.
                              Die Gegenrichtung - das Ideal an der "Realität" zu messen - schafft das Problem aus der Welt. Ansonsten wird das Ideal zu einer Rücksichtslosigkeit gegenüber den anderen und sich selbst. Realität und Ideal sind wie Zentrifugal- und Zentripetalkraft - eigentlich sind sie das selbe, nur der Richtungsvektor ist verschieden - zumindest in meinem Verständnis. An diesem Beispiel wird klar, dass wir Menschen grundsätzlich in diesem Spannungsfeld existieren. Wir haben immer eine Vision oder ein Gefühl davon, wie sich unser derzeitiger Zustand in einen besseren verwandeln könnte - wenn auch vielen der (Lebens-)Plan zur Umsetzung fehlt. So wird nach dem besseren Partner gesucht und das Glück im derzeitigen Augenblick zerstört. In der Drogenarbeit habe ich den Süchtigen gesagt, dass "Sucht" von "Suche" kommt...

                              Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                              Bei mir ist das anders. Wenn man selbst Klavier spielt, dann möchte man bestimmte Dinge hören, auf die andere vielleicht nicht achten, das Ausschwingen der Saiten z.B. an der Grenze des Hörbaren.
                              Genau. Mein Schwiegereltern haben einen Konzertflügel stehen. Ich hatte damals ein Yamaha-Klavier gekauft, ich glaube es war ein P-121. Der Vorteil bei dem Klavier war, dass er eine "Silent-Funktion" hatte. Aber: Selbst der sehr gute Klang dieses Synthesizers kam niemals auch nur annähernd an den Klang der Klaviermechanik heran. Der Konzertflügel war nochmals eine andere Erfahrung. Ein paar Jahre nachdem ich das Klavier wieder verkauft hatte, lieh ich mir einen Synthesizer-Klavier mit Hammermechanik von einer Bekannten aus: Unmöglich! Das Üben auf dem Gerät machte mir überhaupt keinen Spaß. Jetzt ist es sogar so, dass ich von besonders geliebten Kompositionen mir nicht nur unterschiedliche Interpretationen besorge, sondern auch Aufnahmen, die auf verschiedenen Flügeln gespielt wurden.
                              Ähnlich verhält es plötzlich mit der Gitarrenmusik: Meine bessere Hälfte hat mir letzten Monat zu meinem Geburtstag eine Gitarre geschenkt. Seit ich darauf übe, bin ich "empfindlich" gegenüber dem Gitarrenklang geworden. Wenn in einem Musikstück eine Gitarre vorkommt, gewinnt sie an Präsenz und rückt in den Vordergrund. Es ist wie im folgenden Beispiel: Jemand der rote Schuhe kaufen will, sieht überall rote Schuhe. Jemand, der eine bestimmten Autotyp fährt, ist besonders für diesen sensibilisiert. Nur hat diese Sensibilisierung auch den Nachteil, dass man empfindlich wird: Gegen einen schlechten Flügel- oder Gitarrenklang, gegen eine schlechte Stimmung, gegen eine nachlässige Spielweise.

                              Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                              Das ist ein nicht einfaches Thema. Die „Verfeinerung der Sinne“ ist ein Programm des aufgeklärten Humanismus von Herder bis Kandinsky und Stockhausen. Sie kann aber auch als Dekadenz kritisiert werden – der literarische Klassiker Joris Karl Huysmans „Gegen den Strich“. Ein feines Ohr haben und es schulen ist an sich positiv – dazu trägt auch eine sehr gute Anlage bei. Ich liebe auch die Transparenz und weiß das zu schätzen. Anders kann man nämlich historische Aufnahmen mäßiger Qualität gar nicht mehr hören! Dekadent wird es, wenn mit der Verfeinerung kein Erkenntnisgewinn mehr verbunden ist und sie nur noch um ihrer selbst willen betrieben wird. Ich muss nicht die Ameisen auf dem Podium krabbeln hören, das gehört nicht zum ästhetisch wichtigen Gehalt.
                              Hierin stimme ich Dir vollkommen zu! Auch an dieser Stelle geht es darum, Mittel zum Zweck und Selbstzweck unterscheiden zu können.
                              Beste Grüße,
                              Mike

                              ____________________
                              Hier steht keine Signatur...

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                                #60
                                Ein super Thread zum Lesen, ein Danke an alle Teilhabenden!!!

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