Zitat von Hifiaktiv
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Dazu möchte ich zusammenfassend die Erfahrungen die ich mit meinen Lautsprecherprototypen Sonus Natura Extremi gemacht habe hier reinstellen.
Doch bevor ich das tue möchte ich nochmals kurz aufzeigen, wie sich die Sonus Natura Extremi in einer kombinierten Frei- Nahfeldmessung zeigt, denn daraus kann man später deutlich sehen in welchen Dilema ein Lautsprecherentwickler steckt und letztendlich auch der HiFi-Enthusiast.
Abgesehen von den leichten Einbruch bei ca. 4 kHz, der wie die Workshopteilnehmer wissen zugunsten einer gleichmäßigen Abstrahlcharakteristik gemacht worden ist, zeigt sich der Frequenzgang sehr ausgeglichen.
Einmal in den Hörraum gestellt sieht das ganze ganz anders aus, wie die nächste Messung am gewählten Hörplatz zeigt, die Uli mit seinen ausgeklügelten Glättungsalgorithmen durchgeführt hat.
Grundsätzlich gilt für alle Messungen: Die grüne Kurve ist die rechte Box im Raum, die Rote die linke Box im Raum.
Deutlich ist aus den Messungen zu sehen, dass nichts mehr von dem Frequenzgang im Freifeld oder reflektionsarmen Raum übrig bleibt.
Der Raum: Der Feind des Hörers und Lautsprecherentwicklers ...
Aus den Messungen ist auch zu sehen, weshalb die Höhenwiedergabe der Passivversion der Sonus Natura Extremi kritisiert worden ist. Sie leidet unter anderen prinzipbedingt durch das Hochtonhorn und dessen engere Abstrahlcharakteristik, da sich das Mikrofon nicht auf der Hörachse befand.
Dies sind die dazugehörigen Sprungantworten beider Lautsprecher im Raum.
Die gemessen Sprungantworten stimmen mit meinen Entwicklungen überein ( wäre schlimm wenn dem nicht so wäre ) und zeigen, dass der Hochtöner verpolt zum Tief- Mitteltonanteil ist. Dies war notwendig um eine meiner primären Ziele zu erreichen: minimalphasige Lautsprechersysteme.
Nach dieser Messung machte sich Uli daran, vorher festgelegte Korrektursignale am Hörplatz, durch Acourate berechnen zu lassen. Dabei wurde die phychoakustische Präferenz der meisten Menschen berücksichtigt, die einen leicht abfallenden Schallpegel ( in der Regel -3 dB ) zu den hohen Frequenzen bevorzugen.
Nachdem Acourate die Signale für den rechten und linken Kanal kompensiert hat, wurde am Hörplatz folgender Frequenzgang gemessen.
Sehr gut zu erkennen ist, dass die Raumeinflüsse bis in den Bassbereich gut linearisiert worden sind. Das Wichtige dabei ist, dass diese Korrektur nicht nur ein Pegelausgleich ist, wie es übliche Equalizer machen würden, sondern gleichzeitig erfolgt eine Phasenkorrektur, was aufgrund der FIR Filter möglich ist. Das System wird dabei minimalphasig ( ideal phasenkonstant ) ausgelegt. Dies ist nicht mit meinen Anspruch zu verwechseln meine Lautsprecher minimalphasig auszulegen. In einen Analogsystem ist dies nur über ein definiertes Frequenzspecktrum möglich, denn ein analoges System besitzt eine starre Abhängigkeit von Pegel und Phase. Wenn überhaupt, und darauf hin arbeite ich mit meinen Lautsprechern, ist dies nur in einen begrenzten Frequenzspektrum möglich. Ich versuche es in den Bereich von ca. 200 - 4 kHz zu schaffen, den wichtigsten Bereich für das menschliche Ohr. Bei FIR Filtern gibt es diese Abhängigkeit nicht; Pegel und Phase können getrennt voneinander gehandhabt werden.
Dies ist unter anderen in der Sprungantwort zu erkennen, die je geringer die Phasenverschiebungen sind, dem Ideal immer näher kommt. Und so kommt es, dass nach der Korrektur mit Acourate die Sprungantwort der Sonus Natura Extremi am eingemessenen Hörplatz wie folgt ausschaut:
Gut zu sehen ist, dass die Pegel- und Phasenkorrektur die Sonus Natura Extremi, in diesen und auch in jeden anderen Raum, zu einen tatsächlichen zeitrichtigen Lautsprecher machen.
Genau diese Korrekturen führen bei den Hörproben dazu, dass man es unter anderen mit einer Fülle mehr an Bassdetails zu tun hat, oder dass die räumliche Abbildung an Präzision gewonnen hat, oder dass die Ortung von einzelnen Instrumenten in Orchesterbesetzungen besser wird, und letztendlich auch die Wiedergabe dynamischer klingt.
Eine weitere Möglichkeit die Acourate bietet ist, aktive FIR Filter für Mehrwegelautsprecher zu berechnen. Da meine Lautsprecher noch Prototypen sind, hat man dieses Feature von Acourate auch nutzen können, da wir über drei Stereoendstufen verfügten und ein direkter Anschluß an die einzelnen Chassis war somit möglich.
Für mich war das eine neue Erfahrung, denn um analog minimalphasig zu arbeiten, müssen üblicherweise Filter sehr geringer Ordnung ( typisch 6dB ) benutzt werden. Durch die Möglichkeit der FIR Filter, die phasenkonstant arbieten, kann man steilere Filter benutzen. So entschied sich Uli, mit dem von mir gemachten Erfahrungen, sehr steile Filter von ca. 200dB / Oktave ein zu setzen. Abgesehen davon, dass das analog praktisch nicht möglich ist, für mich gefühlsmäßig der reine Horror, wenn man sich die Phasenschweinereinen vorstellt die bereits mit Filtern ab 12dB / Oktave herrschen können ...
Die Trennfrequenzen wurden auf 100Hz und 1.200Hz festgelegt und wie schon beschrieben wurden die einzelnen Chassis erstmal im Nahfeld gemessen um Raumeinflüße so gering wie möglich zu halten, um sie anschliessend in Pegel und Phase zu korrigieren. Mit den Informationen wurden dann die Filter mitberechnet und die einzelnen Wege wurden wie das folgende Diagramm zeigt ermittelt. Dabei sind die Korrekturen des Tief- Mittel- und Hochtöners bereits mitberücksichtigt. Der Tiefton wurde nicht korrigiert, da Uli dies üblicherweise am Hörplatz vornimmt.
Man beachte die Skalierung. So z.B. ist 100 Hz der Pegel -3dB abgefallen, aber bereits bei 200 Hz liegt die Dämpfung bei - 130dB ...
Nachdem alle Pfade definiert waren wurde eine erste Messung am Hörplatz durchgeführt, die wie folgt auschaute.
Im Prinzip ein ähnliches Bild wie das was die passive Version der Sonus Natura Extremi geliefert hat. Auffallend ist, dass der Hochton ab ca. 5kHz gleichmässiger verläuft, worauf ich später noch eingehen werde.
Die dazugehörige Sprungantwort sah wie folgt aus:
Ein Blick auf die Sprungantwort offenbart aber, dass noch mehr zu machen ist, denn der Hochtöner, Tiefmitteltöner und Tieftöner reagieren zeitlich versetzt zueinander. Doch auch Delays sind für Acourate kein Problem und Uli machte sich auf die Analyse der einzelnen Pfade. Akribisch wurde der Beginn des Sprungs vom Hoch- Mittel- und Tieftöners ermittelt und die einzelnen Wege wurden dementsprechend zeitlich auf einen gemeinsamen Bezugspunkt gesetzt.
Nachdem die zeitlichen Anpassungen ( Delays ) programmiert waren, wurde der Frequenzgang nochmals ermittelt und wie schon beschrieben durch Korrekturberechnungen auf die bereits beschriebene phychoakustische Präferenz eingestellt. Diese Maßnahmen ergaben folgende Messung am Hörplatz:
Das sieht schon mal viel besser aus und auch die Sprungantwort zeigt, dass alle Chassis zeitrichtig reagieren.
Alles in Allen kann man erkennen, dass Acourate den Feind des Lautsprechers, den Raum, gut ausblenden kann und am Hörplatz Optimierungen zulässt.
Fazit:
Wie andere und ich bereits beschrieben haben, ergeben sich mit Acourate am Sweetspot, aber auch teilweise außerhalb davon, Vorteile wobei man ganz klar sagen muss, es geht um eine Optimierung der Raumeinflüsse am Hörplatz. Technische Fehler die bei der Entwicklung von einen Lautsprecher gemacht worden sind, wie z.B. stehende Wellen im Gehäuse, Gehäuseresonanzen, ungünstig gelegte Übernahmefrequenzen, Klirr und vieles mehr kann man nachträglich nicht aus bügeln. Ein technisch solider Lautsprecher und eine passende Raumakustik sind weiterhin unumgänglich.
Außerdem verleiht Acourate am Hörplatz der Wiedergabe eine ausgeprägtere räumliche Abbildung, besser Ortung und je nach Geschmack einen ausgewogeneren Klang. Dabei ist aber wichtig, dass die Korrekturen dezent ausfallen. Schnell kann es dazu kommen, dass der Klang z.B. technisch wirkt ( Aussage eines Teilnehmers ) oder bei der aktivierten Version im Hochton etwas vordergründig ( auch ein Kommentar von einen Teilnehmer ), was ich z.B. bei meinen ersten Aktivierungsversionen per DSP Weiche der Sonus Natura Extremi auch so empfunden habe. Man sieht also, ein gutes Gespür bei der Entwicklung und Einmessung eines Lautsprechers ist immer noch notwendig.
Trotzdem, Acourate ist sozusagen das i-Tüpfelchen mit dem man es schafft noch das allerletzte aus seinen Lautsprecher - Hörraum zu holen.
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